Hungerjahre in Hof
Jean Paul gilt als einer der sprachgewaltigsten europäischen Prosaschriftsteller. Er nimmt eine Sonderstellung zwischen Klassik und Romantik ein. Zu Lebzeiten als Erfolgsautor gefeiert und mehr gelesen als Schiller und Goethe, verhindert der extrem hohe Schwierigkeitsgrad seines Schreibstils in unserer Zeit ein breites Lesepublikum. Nach wie vor ist er wegen der Musikalität seines Sprachflusses und der Bildhaftigkeit seiner Ausdrucksweise Lieblingsautor von Schriftstellern und Musikern.
Die Hungerjahre in Hof hatten prägenden Einfluss auf sein Werk. Hier und in Schwarzenbach a. d. Saale schrieb er seine bedeutendsten Romane („Schulmeisterlein Wutz“, „Unsichtbare Loge“, „Siebenkäs“, „Hesperus“). Über die Stadt, die er darin „Kuhschnappel“ oder „Flachsenfingen“ nennt, schreibt er: „Besehet Hof, wo ich das Meiste gelitten, aber das Beste geschrieben.“
Auf der Internetseite des Stadtarchivs gibt es einen Beitrag zu Jean Paul mit Abschriften und Scans der vorhandenen Handschriften.
Das Leben des Johann Paul Friedrich Richter
1763 | Johann Paul Friedrich Richter (bürgerlicher Name |
1765 | Umzug der Familie nach Joditz, wo der Vater eine |
1776 | Umzug der Familie nach Schwarzenbach a. d. Saale |
1779 | Besuch des Hofer Gymnasiums - Tod des Vaters |
1781 | Theologiestudium in Leipzig - erste schriftstellerische |
1784 | Flucht vor den Gläubigern von Leipzig nach Hof |
1787 | Hauslehrer; erst in Töpen, dann in Schwarzenbach |
1789 | Selbstmord des Bruders Heinrich |
1790 | Tod des „genialen“ Freundes Johann Bernhard |
1793 | Die „Unsichtbare Loge” mit dem „Wutz” erscheint, |
1796 | Reise nach Weimar auf Einladung von Charlotte |
1797 | Tod der Mutter in Hof. Danach wechselnde |
1801 | Hochzeit mit Karoline Mayer - |
1821 | Tod des Sohnes Max |
1825 | Zunehmende Erblindung - am 14. November stirbt |
Jean-Paul-Weg
Auf den Spuren des Schriftstellers
Eine Besonderheit sind die Jean-Paul-Wege, die von Joditz nach Hof und weiter nach Schwarzenbach an der Saale führen. Sie nehmen Bezug auf Wege, die Jean Paul selbst gegangen ist.
In seiner Kindheit wanderte Jean Paul einmal in der Woche mit Rucksack und Wunschzettel zu den Großeltern von Joditz nach Hof, um das Notwendigste aus der Stadt zu holen. Jean Paul war ein leidenschaftlicher Wanderer. Er führte seine relativ stabile Gesundheit auf tägliche Gänge in der Natur zurück. Auch seinen Ideenfluss brachten Spaziergänge in Schwung: „Ich kann mich nicht erinnern, daß ein einziger Gedanke in der Stube gefasst wurde, sondern immer im Freien.“
Nach einem völlig missglückten Reitversuch, begleitet vom Spott und Gelächter der Schwarzenbacher, bestieg er nie mehr ein Pferd. Auch längere Strecken, ob nach Leipzig, Weimar, oder Halberstadt , legte er „galoppierend“ zu Fuß zurück. In seinem Roman „Dr. Katzenbergers Badereise“ zeigt sich Jean Paul als Erfinder des „Nordic Walking“.
Dem Fürsten empfiehlt er: „Da wir Säugetiere in Rücksicht des Körpers ja Vierfüßer sind, muss nicht nur mit den Füßen, sondern zur selben Zeit auch mit den Händen gegangen werden. Die Oberfüße oder Arme als Mitarbeiter sind gleich stark auf- und abzuschleudern, weil dies den Puls um viele Schläge verstärkt.“ Nun machte der Doktor dem Fürsten und der ganzen Badgesellschaft den unehrerbietischen Gang mit gehenden Perpendikelarmen vor. „In der Tat“, sagte der Fürst lächelnd, „dies muß man versuchen, wenn auch nicht in großer Gesellschaft.“